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Bonsai-Meditation (3/5)

Ein erfahrener Gestalter wird, bevor er auch nur eine Handlung an der Pflanze vornimmt, sich selbst und das was in ihm ist betrachten. Ich selbst muss im Gleichgewicht sein, denn die Gestaltung des Baumes wird das widerspiegeln. Wenn man beispielsweise den Bonsai eines ungeduldigen Gestalters betrachtet, so wird dieser nicht dieselbe Ausstrahlung versprühen wie die Gestaltung einer ausgeglichenen Person.
Mittlerweile sind alle Äste eingedrahtet und richtig angeordnet. Woher weiß ich was der richtige Platz für einen Ast ist?
Der richtige Platz wird von allen anderen Ästen und deren Stellung zueinander bestimmt. Nachdem ich den ersten Ast (von unten) in eine entsprechende Stellung gebracht habe, ergibt sich ein neuer Gesamteindruck. So wird jeder Ast von unten nach oben einer nach dem anderen so in Position gebracht, dass sich die gewünschte Form ergibt. Jeder Gestaltungsschritt verändert die Situation. Genau aus diesem Grund nimmt die Gestaltung eines Bonsais nie ein Ende, genau wie die Entwicklung des Schülers.
Daraus ergibt sich der Weg, die neue Situation kann nur durch Voranschreiten erlebt werden.

Ohne Bewegung herrscht Stillstand. Aus dem anfänglichen Buschähnlichen Gebilde ist ein wirklich ansehnlicher Bonsai geworden.
Die Neigung des Stammes soll durch von der Mitte versetztes Eintopfen ausgeglichen werden. Nachdem ich die Gestaltung für den Moment abgeschlossen habe, entscheide ich, ob es noch möglich ist, den Baum gleich in eine passende Schale zu topfen. Das hängt davon ab, wie schwerwiegend der erfolgte Eingriff war. Einige Bonsaifreunde gönnen Ihrem Bonsai Ruhe nach der Gestaltung und topfen erst im folgenden Jahr. Das wird besonders für ältere Bonsais empfohlen, obwohl meiner Meinung nach ausschlaggebend ist, inwieweit ein Gefühl für die Pflanze besteht. Bei einer gut gewachsenen Beziehung weiß der Bonsaigärtner ob es zuviel wird. Aus Ungeduld umzutopfen ist keine gute Idee und sollte zur Frage führen woher die Eile rührt.

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