Zwei Jahre harte Arbeit und Entbehrung liegen hinter den Organisatoren von hundert Jahre Bonsai (Jörg Frahnow, Thomas Pallmer und Herbert Obermayer). Die Idee 100 Jahre nach der ersten öffentlichen Präsentation von Bonsai in Deutschland eine Jubiläumsausstellung am gleichen Ort zu veranstalten schaffte die Grundlage für ein zu Ende gegangenes Event von dem man noch lange reden wird. Die Orangerie von Schloss Pillnitz bei Dresden bot vom 15.-17. Juni 2007 ausreichend Platz für 100 hochkarätige Bonsai, nicht wenige davon durchaus auf europäischem Sptizenniveau, erstklassige Demonstrationen, ein reichhaltiges Angebot an Bonsai- und Zubehör durch Fachhändler sowie eine geschichtliche Sonderschau zur deutschen Bonsaikultur.
Der historische Weg des Bonsai in Deutschland ist durch Thomas Pallmer in vielen Stunden akribischer Recherche und vielen Interviews erstmalig vollständig für Deutschland zusammengetragen worden. Besonderes Augenmerk wurde dabei auch der Entwicklung in Ost und West zwischen 1945 und 1990 beigemessen. Es war zu erfahren, dass Ostdeutschland ernsthafte Versuche unternahm, als erste europäische Nation eine eigene Bonsaikultur zu schaffen, die durch die Wiedervereinigung ein vorzeitiges Ende fand. Fast unglaublich, aber verständlich: Zeitungsartikel die bei den Ausstellungen von Bonsai in der DDR von etwa 10.0000 Besuchern sprechen, belegt durch die Bilder mehrerer hundert Meter langer Schlangen vor den Örtlichkeiten. Sogar in der DDR produzierte Bonsaikeramiken wurden für die geschichtliche Sonderschau zusammengetragen. Die ganze Entwicklung ist reichlich bebildert in der Sonderpublikation zur Veranstaltung zusammengetragen. Limitierte Auflage, Restposten noch bei uns oder über 100-jahre-bonsai.de erhältlich (8 EUR/Stck.)
Lobend hervorzuheben sind weiterhin die Baumauswahl sowie die Konzeption der Ausstellungshalle. Es war reichlich Platz um die wertvollen Miniaturbäume aus angenehmer Entfernung betrachten und fotografieren zu können. Auch als am Samstag allein knapp 1.000 Interessierte (insgesamt über 2.000 Besucher) durch die Hallen strömten fand der feierliche Rahmen keinen Abriss. Die Mitglieder der ostdeutschen Arbeitskreise waren jederzeit aufmerksame Ansprechpartner und hatten alle Hände voll zu tun. Geduldig mussten Sie sogar einen Besucher ermahnen, der seiner Begleitung eine Partie am Baum erklärend seinen Regenschirm kurzerhand zum Zeigestock instrumentalisiert hatte und damit in der Krone eines Ausstellungsstückes herumfuchtelte. Weiterhin beantworteten Sie die vielen Fragen der Besucherscharen. In kurzen Augenblicken war er dann wieder kurz da, der Osten: ein freundliches Beisammensein in einer langen Schlange, die sich zeitweise durch die Ausstellung schob.
In einem weiteren Teil der großräumigen Orangerie befand sich eine große Bühne für Demonstratoren wie Jürgen Zaar, Uli Ernst, Jörg Derlien, Vaclav Novak, Piotr Czerniachowski usw. Von früh bis spät standen ständig drei Stars der europäischen Bonsaiszene auf dem Podium, drahteten und frästen was das Rohmaterial hergab. Getragen von der herrlichen Atmosphäre wurden die Gestaltungen fortwährend anspruchsvoller und die Gestalter hatten bereits einige Assistenten verschlissen, entweder auf der Bühne oder an den langen Abenden. Durch diesen Personalmangel hatte Bastian die Gelegenheit, Piotr mit Meterweise Kupferdraht an einer Eibe zur Hand zu gehen. Beide hatten zusammen am Vorabend mit einigen Gläsern Piotrs Ehrung für den besten Ausstellungsbaum begossen. Trotzdem schaffte das deutsch-tschechische Team in zwei hochkonzentrierten Stunden die Friedhofseibe bis in die Spitzen mit Draht zu versorgen. Mit dem Ergebnis waren Gestalter und Publikum sehr zufrieden. Moderiert wurden die Demonstrationen von den Imageträgern für die ostdeutsche Bonsaiszene, Thomas Pallmer und Jörg Frahnow. Beide verstanden es, unkompliziert Fachwissen zu vermitteln und Einsteiger unterhaltsam an die Thematik heranzuführen. Von diesem aktionsgeladenen Teil der Veranstaltung aus schien sich der Enthusiasmus in alle Räumlichkeiten auszubreiten, wurde in der Ausstellunghalle verstärkt und schließlich durch das ganze Event widergespiegelt. Die Fülle an Angeboten der Veranstaltung machte es Besuchern schwer, sich auf einen Tagesbesuch zu beschränken. Auch Besucher, die an mehreren Tagen gesichtet zeigten keinerlei Anzeichen von Langeweile.
100 Jahre Bonsai war mehr als eine Bonsaiausstellung. An den drei Tagen in Dresden sprang die Begeisterung für Bonsai wie ein Laubfeuer auf Besucher und Beteiligte über. Das Engagement der ostdeutschen Bonsaiszene für ihr Hobby und die Verpflichtung sich des historischen Anlasses anzunehmen hat nicht nur bewiesen, dass der Osten eine feste Größe in der deutschen Bonsaiszene ist. Der Enthusiasmus der jedem ostdeutschen Bonsaifreak anzumerken war macht einen Ausblick in die Zukunft der Bonsaikultur Deutschlands spannend. Bisher sind lediglich 250 ostdeutsche Männer und Frauen in Arbeitskreisen bzw. Vereinen organisiert. Sie alle weisen ein Durchschnittsalter von vielleicht gerade mal 40 Jahren auf - da lässt sich doch was machen! Gar nicht auszudenken was wir in 10 Jahren auf die Beine stellen könnten. Wir wünschen uns, dass die Veranstaltung ihre Wirkung noch lange nicht ganz entfaltet hat und werden unseren Teil dazu beitragen. Wir sind gerne Partner von „100 Jahre Bonsai“ gewesen und bedanken uns herzlich bei den Organisatoren, Beteiligten und Besuchern.
Wenn auch Sie gefallen an Bonsai gefunden haben, helfen wir Ihnen beim Einstieg ins Hobby und beugen Frustrationen vor - nehmen Sie an einem Samstagnachmittag ganz unverbindlich an unserer Bonsai-Lounge teil.